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Freitag, 10. Mai 2013

Bertram

Hallo. Mein Name ist Bertram. Ich schaue zum Einschlafen immer historische Dokumentationen. Am liebsten die über Hitler und Goebbels und die Nazis. Ich mag das Timbre der Stimme des Sprechers, die beruhigende Kälte der Schwarz-Weiß-Aufnahmen und die unterschwellige Gewissheit, dass heute alles besser ist. Das entspannt mich. Dann kann ich schlafen. Generell schlafe ich besser, wenn der Fernseher läuft. Man fühlt sich nicht so einsam. Da ist eine Stimme, die zu einem spricht. Da sind Leute, die miteinander sprechen, vielleicht etwas kochen oder Lieder singen. Aber die traurigen Sachen gucke ich mir nicht an. Jedenfalls nicht zum Einschlafen. Afrikanische Kinder oder so. Und hier, diese Gruselgeschichten, wenn wieder mal ein Familienvater Amok gelaufen ist oder Kinder geschändet wurden. Da wird einem ja ganz übel bei so was und wenn mir übel ist, schlafe ich sehr schlecht. Deshalb trinke ich auch sehr selten Alkohol. Wenn sich dann abends im Bett alles dreht, da mache ich kein Auge zu.
Wie Sie sehen, ist mir mein Schlaf sehr wichtig. Ich arbeite in der Personalabteilung eines großen Schuh-Konzerns. Ich darf den Namen des Betriebes nicht nennen, wurde mir gesagt, aber ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich schon seit dreiundzwanzig Jahren dort beschäftigt bin und in der ganzen Zeit nur einmal krank gewesen bin. Ich bin ein robuster Arbeiter, was auch, oder vielleicht zum größten Teil daran liegt, dass ich so einen guten Schlaf habe. Außerdem trage ich sehr viel Verantwortung, wissen Sie. Einfach mal ein paar Tage krankfeiern ist da nicht, ohne mich geht alles drunter und drüber.
Ich stelle Leute ein. Azubis, aber auch höhere Stellen. Ich habe eine sehr gute Menschenkenntnis. Ich sehe schon auf den ersten Blick, ob jemand was taugt. Zuerst einmal ist da die Kleidung. Wenn sich jemand keine Mühe bei seiner äußeren Erscheinung gibt, dann sehe ich das. Mit solchen Schludrianen und Pantoffelhelden wollen wir in unserem Unternehmen nichts zu tun haben. Dann achte ich besonders auf die sprachlichen Qualitäten des Bewerbers oder der Bewerberin. Aussprache, Wortwahl, Fremdsprachenkenntnis. Allein, wie sich ein Bewerber im Gespräch verhält, gibt mir Auskunft über seine Produktivität und Nützlichkeit. Ich frage auch nach persönlichen Interessen, Hobbies, Musikgeschmack usw. Wer Jazz hört, ist meist ein introvertierter, eher fauler Zeitgenosse, der sich gern von Negern unterhalten lässt, aber selbst keinen Finger krümmen will. So was weise ich sofort in die Schranken, solche Sympathisanten der Faulheit kommen bei mir nicht weit. Klassik, wäre zum Beispiel eine gute Antwort. Oder meinetwegen auch Populärmusik, das ist offen, zurückhaltend und seriös. Im Übrigen habe ich nichts gegen Lügner, wenn es höfliche Lügen sind, die gut durchdacht sind und einen Zweck erfüllen. Wenn Sie beispielsweise zur Gattung der Negerverehrer gehören, dies aber im Bewerbungsgespräch nicht zugeben, zeigt mir das, dass Sie sich für ihre Gesinnung schämen und Ihnen etwas an der Zusage liegt. Für seine Triebe kann man ja nichts, ich bin da nicht so schroff. Aber man sollte sich schon in gebührenderweise schämen und eine devote Haltung einnehmen, wenn man weiß, dass man Dinge mag, die moralisch und künstlerisch schlecht sind.
Es ist natürlich auch schon mal vorgekommen, dass ich für einen Bewerber… ähem, oder eine Bewerberin, Feuer und Flamme gewesen bin und dann ein Satz wie „Ich engagiere mich sehr für Politik und bin stolzes Mitglied der Sozialdemokraten.“ gefallen ist, der alles Feuer von jetzt auf gleich hatte erlöschen lassen. Natürlich lasse ich mir dann meine Enttäuschung nicht sofort anmerken, sondern spiele noch ein wenig mit dem Anwärter, vor allem wenn es sich um eine so hübsche Dame wie das Fräulein Harnisch handelt. Wirklich eine Schönheit, mit diesem langen blonden Haar und den feinen, dezent geschminkten Gesichtszügen und… Nun, ja, das tut hier nichts zur Sache. Jedenfalls habe ich auch den Antrag des Fräulein Harnisch abgewiesen, ja, so bin ich. Hart, aber gerecht. Persönliche Präferenzen stehen immer in sekundärem Verhältnis zu den oberen Direktiven. Diese Grundregel muss man befolgen, wenn man erfolgreich sein will, egal ob in der Personalabteilung eines renommierten Schuh-Unternehmens oder im türkischen Kiosk nebenan. Gut, die Türken waren jetzt ein schlechtes Beispiel, wie man schließlich weiß, ist dieser Menschenschlag alles andere als loyal und verlässlich und dementsprechend auch weder erfolgreich noch auf eine andere positive Weise am Weltgeschehen beteiligt, aber ich schweife ab…
Nachteile meines Berufs gibt es wenige, aber leider doch gravierende, die aber – und das betone ich wirklich an dieser Stelle mit äußerster Überzeugung – für mich absolut tragbar und nicht der Rede wert sind. Zum einen ist da die hohe Verantwortung, die mancher einer nicht so locker wegstecken würde wie ich es tue, zum anderen die immense arbeitszeitliche Belastung, der ich mich aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens ausgesetzt sehe. Für mich persönlich stellt der zweite Punkt keine große Problematik dar, allerdings sahen die Dinge für meine Frau… Pardon, meine Ex-Frau etwas anders aus. Ich war ihr wohl nicht… präsent genug, weshalb sie sich gezwungen sah, sich einen Liebhaber anzulachen. Einen Spanier mit Schnurrbart, das absolute, und in meinem Falle fatale Klischee eines Don Juan. Ein Unsympath der klassischen Schule, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben. Mit rosigen Wangen reichte sie die Scheidung ein.
Mir war es recht, wir waren ohnehin nur noch Eheleute im vertraglichen Sinne, wenn Sie verstehen. Ich spreche auf die ehelichen Pflichten meiner Frau an, die sie schon seit vielen Jahren in nicht mehr tragbarem Maße vernachlässigt hatte. Wissen Sie, die Liebe, von der die Ehe eine Unterabteilung darstellt, ist in allen menschlichen Kulturen ein Vertragsverhältnis, dass sich auf den gleichzeitigen Verzicht sowie Genuss von Macht bezieht, ein Geben, Nehmen, Verzichten und Ausüben sozusagen, auf vertraglicher Basis festgehalten. Wenn sich nun ein Vertragspartner nicht an die zuvor abgesprochenen Einigungen hält und, sagen wir mal, sich Kopfschmerzen simulierend vor dem Dienst drückt, dann führt dies zu Spannungen zwischen den einzelnen Parteien. Kommt dieses „Krankfeiern“ in wiederholtem Maße vor, ist die fristlose Entlassung quasi vorprogrammiert, da kann man dem Arbeitgeber keinen Vorwurf machen.
Jedenfalls schlafe ich um einiges besser, seitdem meine Frau und ich getrennt leben. Sicher, auch in meinem Alter hat man noch gewisse Gelüste, aber ich benötige nicht mehr die Verbindung zwischen dem Körper und einem Gefühl der Sympathie, um Freude an körperlicher Vereinigung zu empfinden. Unter uns gesprochen war ich nie ein besonders engagierter Vertreter der weitverbreiteten Auffassung, dass Liebe im Bett nur mit Liebe im Herzen durchführbar sei. Nein, im Gegenteil. Es kann manchmal unglaublich befreiend sein, seine zwischenmenschlichen Beziehungen auf rein körperlicher und geschäftlicher Ebene abzuwickeln. Ich halte ja nicht viel von der asiatischen Politik und vor allem mit asiatischer Kunst kann ich rein gar nichts anfangen, aber ich muss auf der anderen Seite zugeben, dass ich bisher stets seriös und befriedigend von asiatischen Liebesdamen bedient worden bin. Hohe Qualität bei einem soliden Kosten-Leistungs-Verhältnis. Sicher, einige Damen erscheinen mir oft etwas zu jung für den von ihnen gewählten Beruf, aber man sagt ja auch, dass die asiatischen Frauen, vor allem die Thailänderinnen recht früh reifen. Eine zwölfjährige Thaifrau hat meist eine körperliche Reife wie eine achtzehnjährige Deutsche, wenn sie auch nie an das intellektuelle Potenzial ihres europäischen Pendants heranreichen wird. So gesehen ist es also nicht verwerflich, auch mal über die Konventionen und Grundsätze gewisser Länder hinwegzusehen und einfach nur einer schönen, entspannenden Freizeitaktivität nachzugehen, da pflichten sie mir sicher bei. Natürlich würde ich das bei deutschen Dienstleisterinnen etwas strenger beurteilen, zumal das deutsche Gewerbe auch meist höhere Kosten-Leistungs-Differenzen aufzuweisen hat und sich hier schnell Unstimmigkeiten ergeben können. Ich werde sicher noch längere Zeit die Dienste unserer asiatischen Weltnachbarn in Anspruch nehmen, ich bin da so was wie ein Fan erster Stunde.
Meine Ex-Frau weiß gar nicht, was für eine Befreiung die Scheidung für mich war. Unsere gemeinsame Tochter fiel jedoch leider den Manipulationskünsten meiner geschiedenen Frau zum Opfer. Martina spricht kein einziges Wort mehr mit mir und sie ist der festen Überzeugung, dass ich Schuld an der Trennung sei. Frauen sind so leicht zu überzeugen, und besitzen gleichsam ein ungeheures manipulatives Potenzial. Diese Diskrepanz wird mir wohl für alle Zeiten ein Rätsel bleiben. Aber vielleicht ist es auch ganz gut, dass Martina nicht mehr alles von ihrem Vater mitbekommt. Über die regelmäßigen Besuche der thailändischen Damen in meinem Appartement wäre sie vermutlich nicht sehr erfreut. Sie ist zwar bereits siebzehn, aber mit sexuellen Inhalten möchte ich sie nicht verknüpft sehen, dafür ist es vermutlich immer zu früh. Mich stört daher erheblich, dass sie der Laissez-Faire-Politik ihrer Mutter ohne Rückhalt ausgeliefert ist. Wer weiß, zu welchen Perversitäten sie ihre Mitschüler bereits gezwungen haben, man hört ja so einiges. Die Jugend ist nun mal nicht mehr das, was sie zu meiner Zeit gewesen ist. Respekt ist für die meisten Kids ein Fremdwort. Da wird gerüpelt und geschimpft was das Zeug hält, Rentner werden zusammengeschlagen und gleichaltrige unschuldige Mädchen vergewaltigt und das Ganze dann hinterher auch noch voller Stolz im Internet präsentiert. Da wird einem schlecht, wenn man so was hört! Was ist nur aus unseren moralischen Grundsätzen geworden, die unser Land so stark und lebenswert gemacht haben? Der negative ausländische Einfluss ist nun mal nicht mehr länger von der Hand zu weisen. Wir haben unsere Pforten zu lange offen stehen gehabt, nun bevölkern lüsterne Dämonen unser schönes Land und vergiften unsere Jugend mit Dummheit und Perversion! Manchmal könnte ich Amoklaufen, wenn ich so was sehe und höre, die Nachrichten sind ja voll von solchen Geschichten. Hakan, 17, vergewaltigte seine Lehrerin auf dem Schulhof, Rashid, 13, verkaufte Drogen an seine Mitschüler. Man sollte all diese minderjährigen Schwerverbrecher wieder zurück in ihre Heimat schicken. Da würden sie dann sehen, wie gut sie es hier im schönen Deutschland hatten.
Aber ich bin ja kein Politiker. Sollen die sich darum kümmern. Ich habe ein erfolgreiches Unternehmen zu stützen, mit all meiner mir zur Verfügung stehenden Kraft. Wer weiß, wie lange ich noch zu leben habe, vielleicht zehn, fünfzehn Jahre. Die möchte ich nutzen, genießen und auskosten. Das Leben ist zu kurz, um es einfach an sich vorbeirauschen zu lassen. Ich werde als zufriedener Mann sterben, der stets das Richtige für sich und seine Mitmenschen getan hat und das erfüllt mich mit Stolz und Genugtuung. Ich habe mir sogar schon meine letzten Worte aufgeschrieben, auch wenn es vielleicht noch etwas zu früh ist, aber man weiß ja nie. Auf meinem Grabstein wird stehen:
„Und seine letzten Worte waren: Lebe für nichts, oder stirb für etwas.“
Na, ich sehe, mit der mir von Gott verliehenen Menschenkenntnis, dass Sie beeindruckt sind, nicht wahr? Ihnen kommt der Satz bekannt vor? Nein, das muss ein Missverständnis sein. Ich habe da sehr lange dran getüftelt, jetzt stehlen Sie mir nicht meine Lorbeeren! Ha, war nur Spaß, aber ich bin mir sicher, dass sie diesen Satz noch nie zuvor gehört haben. Wahrhaftige Größe bemerkt man erst, wenn man ihr gegenübersteht und erkennt, wie winzig man im Grunde ist. Guten Abend, es hat mich gefreut, Ihnen von mir zu erzählen. Ach, und… ihre Sekretärin ist wirklich ein hübsches Mädel, könnte ich vielleicht ihre Telefonnummer haben? Ginge das? Sehr freundlich. Einen angenehmen Tag!

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